Als gelernter Informatikkaufmann beschäftigt sich Wagner seit fast 20 Jahren mit digitalen Entwicklungen und e-Commerce. Lange Zeit auf Dienstleisterseite als Berater & Coach, blickt er inzwischen auf viel Erfahrung in digitalen Projekten, Customer Journeys und digitalen Transformationen. Als Speaker und Referent spricht er offen und authentisch über die Herausforderungen, Lernkurven und Erfahrungen rund in und um den e-Commerce. In seiner Karriere war er in Führungspositionen unter anderem bei FACT-Finder und der Y1 Digital AG.
Welche drei Werte sind Ihnen in Ihrer Arbeit am wichtigsten, und was bedeuten diese Werte für Sie persönlich?
Wertschätzung, Authentizität und Ehrlichkeit. Ich halte es für unabdingbar, direktes Feedback zu geben und zu erhalten – und dies sollte stets nachvollziehbar sowie ausgeglichen sein. Ich selbst habe bereits Arbeitgeber verlassen, weil die oberen Werte fehlten. Dies versuche ich als Führungskraft so gut wie nur möglich umzusetzen.
Welche Person hat Sie in Ihrer Karriere am meisten inspiriert und warum?
Mein Vater. Er war seit ich denken kann Unternehmer und hat mir sehr viel beigebracht. Das wohl wichtigste Learning: Niemals aufgeben, Aufstehen, weitermachen. Dies hat mir in vielen negativen Zeiten und Situationen geholfen, auch als Sparringspartner war er stets für mich da.
Wie gelingt es Ihnen Beruf und Familie gut zu vereinbaren? Wo sehen Sie eventuell Handlungsbedarf?
Tatsächlich funktioniert das in meiner aktuellen Situation hervorragend, verglichen mit früheren Positionen. Ich nehme mir die Zeit, meine Kinder in die Schule/Kindergarten zu bringen und das tägliche, gemeinsame Abendessen ist mir heilig. Lieber arbeite ich um 22 Uhr noch etwas nach, als das zu verpassen. Ich habe das erste Lebensjahr meines Erstgeborenen nur via Videos erlebt aufgrund des Jobs, das wird nie wieder vorkommen. Was mir noch besser gelingen muss: Das „schneller abschalten“ – ich bin häufig im Kopf noch in anderen Themen, während ich mich mehr auf die Kinder fokussieren sollte.
Wie gehen Sie mit Stress und Druck um?
Meist sehr gut, da ich es versuche in Relation zu bringen. Ich habe in meinem Leben Situationen erlebt, die der Großteil der Menschen nie erleben werden – zum Glück. Ich war in Kriegsgebieten, stand kurz vor einer Privatinsolvenz und hatte mehrere schwere Schicksalsschläge. Da ist der „Druck“ oder „Stress“ auf Arbeit ein anderes Kaliber. Natürlich empfinde ich einen gewissen Druck, meistens mach ich mir diesen selbst. Aber ich bekomme das meist für mich gut geregelt und schnell wieder in die richtigen Bahnen gelenkt. Mir hilft da tatsächlich einfach abschalten: Spaziergang mit dem Hund, tolle Gespräche mit meiner Frau, ein Puzzle mit meinen Kindern oder notfalls abends einfach eine Runde Gaming. Im Hinterkopf arbeite ich dabei an Lösungen und greife wieder an.
Was sind Ihrer Meinung nach die größten Chancen und Risiken in Ihrer Branche?
Das größte Risiko ist aktuell die Wirtschaftslage, sterbende Innenstädte, Bürokratie und Gesetzeswahn. Viele Unternehmen haben noch immer nicht verstanden, dass es heute eben nicht mehr ist wie vor 20 Jahren. Zeitgleich ist das natürlich eine Chance – wir haben unseren Weg der Digitalisierung vor einigen Jahren eingeschlagen, entwickeln uns gerade prächtig, während viele in die Insolvenz schlittern. Trotzdem: Was ich mich mit Vorgaben und Gesetzen rumärgern muss, ist verrückt. Das wird in vielen Branchen so sein.
Welche Vision verfolgen Sie mit Ihrem Unternehmen?
Wir stehen für Qualität, Handwerkskunst und Tradition – seit 137 Jahren, in vierter Generation. Unsere Vision ist klar: Wir wollen unseren Weg weiter gehen, über viele Generationen hinweg. Braun Büffel soll bekannter werden in Europa und ein Sinnbild für Qualität in der Lederwarenindustrie.
Wie würden Sie die Unternehmenskultur bei Ihnen beschreiben?
Familiär. Wir sind klassischen Familienunternehmen und leben das auch. Die meisten Mitarbeiter hier sind Jahrzehnte dabei, einige seit 45 Jahren. Wertschätzung ist hier das A & O.
Was unterscheidet Ihr Unternehmen von Ihren Mitbewerbern?
Wir produzieren noch immer in Deutschland, bilden Feintäschner aus. Viele unserer Marktbegleiter haben ihre Produktion hier schon lange geschlossen. Unser Fokus lag schon immer auf der Qualität und Funktionalität – das schätzen unsere Kunden an uns.
Wie sieht ein typischer Tag in Ihrer Position aus?
Ich beginne meinen Tag immer mit Updates aus dem Team: Wer arbeitet an was? Wo braucht es Hilfe? Welche Prios haben wir aktuell? Danach ist jeder Tag ein wenig anders. Ich überblicke die grundsätzliche Transformation, diese besteht jedoch aus sehr vielen kleinen und einigen großen Projekten. Dann kommen die ganzen Personalthemen wie Coachings, Gespräche, Vorstellungsgespräche, Feedbackschleifen etc. dazu. Folgend kommen einige Vertragsthemen, sehr viele Analysen von Kennzahlen, Daily Stuff und immer mal wieder besondere Ereignisse wie Speaker Auftritte oder Interviews. Kein Tag gleicht dem anderen, und das ist auch gut so.
Welche Aufgaben machen Ihnen dabei am meisten Freude?
Erfolge sehen und das Team diese feiern lassen. Ich bin großer Freund davon, dass man über Erfolge spricht! Kritik gibt es genug, man muss die kleinen Dinge feiern und das entsprechende Feedback geben. Aus allen kleinen Schritten kommen eben die großen Sprünge. Ich analysiere gerne und ziehe daraus meine Hypothesen und Entscheidungen.
Welchen Führungsstil bevorzugen Sie und warum?
Ich sehe es als meine Hauptaufgabe an, alle Teammitglieder zu ermächtigen, einen möglichst guten Job zu tun der ihnen auch noch Freude macht. Ich bin das Gegenteil von Mikro Management – falls es geht. Natürlich muss auch ich manchmal ein wenig kleinlich werden, aber grundsätzlich mag ich es, Vertrauen zu zeigen und Sparringspartner zu sein.
Welche Rolle spielt Feedback in Ihrem Führungsstil?
Wie bereits erwähnt, ist es elementar wichtig. In guten wie in schlechten Dingen.
Wie sorgen Sie dafür, dass sich neue Mitarbeiter gut in Ihr Unternehmen integrieren?
Das beginnt schon im Auswahlprozess. Ich lebe in der Überzeugung, dass man Skills lernen kann. Menschlich muss es aber passen, da hat sich glaube ich schon jeder die Finger verbrannt. Ich achte in erster Linie auf den Menschen und seinen Fit in das Team. Wenn wir uns hier richtig entscheiden, kommt automatisch eine gute Atmosphäre auf und die Leute fühlen sich wohl. Wie bereits erwähnt, will ich sie enablen – es ist mir egal was für eine Hardware du brauchst oder ob du um 7 oder 9 anfängst. Mir ist wichtig, dass du deinen Job gut machst. Mein Job ist es, dafür ein gutes Umfeld schaffen zu können.
Digital Tools gibt es viele, welches ist Ihr aktueller Favorit?
Wir nutzen Shopify als Shopsystem, das macht mir gerade aus vielen Gründen Freude. Parallel dazu arbeiten wir mit verschiedenen KI-Tools, auch zwecks Analyse.
Mal angenommen, Sie könnten mit diesem Interview die ganze Welt erreichen: Welche Botschaft(en) würden Sie den Menschen mitteilen?
Lasst uns alle mal wieder unseren gesunden Menschenverstand benutzen, zusammenrücken und uns nicht spalten lassen. Das würde mir mehr als nur ausreichen!