Schluss mit leeren Worten

Mit einfachen Fragen zu aussagekräftigen Antworten im Vorstellungsgespräch.

Sicher haben Sie schon einige Vorstellungsgespräche geführt und kennen gängige Fragen, auf die Sie sich die passenden Antworten erhoffen. Gleichzeitig haben Sie vielleicht auch schon erlebt, dass ein Bewerber (m/w/d) Ihrer Meinung nach im Bewerbungsgespräch sehr gute Antworten gegeben hat, gleichzeitig in der Praxis wenig von deren Umsetzung zu erkennen war.

Ein Beispiel: Sie möchten im Gespräch erst einmal allgemein herausfinden, welche Stärken den Bewerber besonders auszeichnen und welche Aufgaben ihm eher schwerer fallen? Jetzt können Sie auf herkömmliche Art fragen: 

Was denken Sie, was sind Ihre Stärken? Oder: Was fällt Ihnen eher schwer?
Wir beobachten dann häufig, dass Bewerber sozial erwünschte Antworten geben. Beispielsweise nennen sie Stärken, nach denen in der Stellenanzeige explizit gefragt wurde oder erwähnen Schwächen, die für die Aufgaben nicht sonderlich relevant sind. Wie aber können Sie so fragen, dass Sie Antworten gewinnen, die wirklich aussagekräftig sind und eine treffende Einschätzung – auch in Bezug auf eine mögliche Anstellung in Ihrem Hause – zulassen? Die Antwort ist verblüffend einfach und herausfordernd zugleich: Stellen Sie Fragen zum Werdegang und zu den Zukunftsaussichten der Bewerbenden (also nichts Neues). Und: Fragen Sie auf denkbar unvoreingenommene, gleichsam kindlich-neugierige Weise. Letzteres fällt meistens schwer.

Wie sieht das Ganze in der Praxis aus?
Sie sehen zum Beispiel, dass der Bewerber eine Ausbildung zum Bankkaufmann absolviert hat. Sie denken vielleicht: „Sicher wollte er erst einmal eine solide Ausbildung machen, vielleicht auf Drängen seiner Eltern.“ Nahe läge nun zu fragen: „Stimmt’s, Sie wollten erst einmal eine solide Ausbildung absolvieren?“. Sicher gut gemeint, aber relativ unwahrscheinlich, dass Sie auf diese Frage eine „echte Antwort“ erhalten. Die Alternative dazu wäre zu fragen: „Wie kamen Sie auf Ihre Ausbildung?“ und weiter: „Was hat Sie gereizt? Warum haben Sie sich nicht für eine technische Ausbildung entschieden? Was haben Sie sich von einer solchen Ausbildung erhofft?“.

Sie stellen also offene Fragen, die möglichst viele Antworten zulassen und Sie bekommen hierdurch im besten Fall Antworten vom Bewerber, die wiederum Rückschlüsse zulassen.

Zum Beispiel könnte der Bewerber erzählen, dass er als Kind gerne seiner Mutter bei der Arbeit beobachtete und dadurch beeindruckt war, dass der „Bankbeamte“ so viele unterschiedliche Menschen berät.

Hiervon ließe sich wiederum ableiten, dass der Bewerber gerne den Kontakt zu Menschen hat, Abwechslung mag und eine beratende Tätigkeit interessant findet.

Ein anderer Bewerber erzählt vielleicht davon, dass er die Ausbildung begann, weil sein bester Freund damit sehr zufrieden gewesen war und er sich von seiner Begeisterung anstecken ließ. Hier kann die Antwort des Bewerbers darauf hindeuten, dass ihm Beziehungen wichtig sind und er Sicherheit und Bewährtes als wichtige Werte erachtet.

Sie stellen fest: ein gleicher Werdegang kann auf ganz unterschiedliche Motivationsfaktoren hindeuten, die Sie allerdings nur durch interessiertes und unvoreingenommenes Nachfragen erkennen können.

Natürlich ist die Frage nach Studien- oder Ausbildungswahl (noch) nicht das Ende der Fahnenstange, aber Sie können auf ähnliche Art auch andere relevante Punkte erfragen. 

Zum Beispiel:

  • Gründe für die Ausbildungs-/Studien-/Jobwahl
  • Highlights des Studiums/der Ausbildung/der letzten Tätigkeiten
  • Gründe für Jobwechsel und Gründe, dort zu bleiben
  • Interesse an künftiger Stelle und auch, wann diese nicht interessant wäre

Folgende Fragen können beispielsweise helfen:

  • Was hat Ihnen genau an Uni-Projekt XYZ gefallen? Was war es wirklich, was spannend war?
  • Oder: Warum war diese Stelle für Sie nicht passend? Was hat Ihnen gefehlt?
  • Was würden Sie am liebsten in den nächsten Job mitnehmen, was würden Sie gerne hinter sich lassen?
  • Wann wäre unsere Stelle für Sie uninteressant? Was müsste passieren, dass Sie in der Probezeit wieder unser Unternehmen verlassen?

Aus den verschiedenen Antworten des Bewerbers kann sich wie bei einem Puzzle Stück für Stück ein vollständigeres Bild zu dem Bewerber zusammensetzen.

Ihre Fragen sind dabei denkbar einfach, jedoch helfen Ihnen die Antworten, den Bewerber besser zu verstehen und für Sie relevante Schlussfolgerungen auf dessen Motivationsfaktoren, Stärken und Schwächen zu ziehen.

Keine Angst, Sie müssen sich dabei nicht verkünsteln. Wenn Sie wirklich verstehen wollen, was einen Bewerber und eventuell künftigen Mitarbeiter motiviert, reicht es Fragen zu stellen, die echtes Interesse zeigen. Unserer Erfahrung nach beginnen sich Bewerber dann zu öffnen. Und anhand der Antworten und daraus abgeleiteten Einschätzungen des Bewerbers können Sie wiederum einen Abgleich vornehmen, ob der Bewerber in einer Stelle, wie Sie sie anbieten, wirklich gut aufgehoben ist. Oder anders gesagt: Ob der Bewerber für Sie eine gute Wahl ist. 

Ich freue mich auf
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achtwert Portrait Steffen Oechsle